Von Christine Dressler
GEISENHEIM. „Wir müssen jetzt schnell diskutieren, wie es weitergeht“, sagte Trompeter und Flügelhornist Volker Bender in der „Scheune“, als der Applaus vor der Pause verebbte. Während die gut 100 Besucher in und vor dem übervollen Kulturtreff vom ersten Teil des „richtig tollen“, „wahnsinnig gut gespielten“, „unglaublich abwechslungsreichen“ und „absolut spitzenmäßigen“ Jazzkonzerts schwärmten, war keiner der drei Musiker zu sehen. Zeit für Gespräche mit dem begeisterten Publikum hatten weder der Kiedricher Filmkomponist und Gitarrist Siegfried Rolletter noch der Jazzclub-Rheingau-Vorsitzende, Kulturpreisträger und Musiklehrer Bender aus Geisenheim, der auch an der Musik- und Kunstschule in Wiesbaden unterrichtet, und ihr stellvertretender Leiter und Pianist Martin Pfeifer. Stattdessen besprachen sie konzentriert im Hinterzimmer, wie sie den zweiten Teil der Premiere gestalten sollten.
Begeisterung gipfelt in Zugabeforderungen
Denn das erste Konzert, das der Jazzclub und der Förderverein Kulturtreff „Die Scheune“ gemeinsam veranstalteten, lief kurzfristig anders als geplant. Angekündigt waren als „außergewöhnliches Trio in ungewöhnlicher Besetzung“ Bender und Rolletter mit Jazzclub-Mitgründer und Altmeister Ruud van Duisje an der Gitarre. „Ruud musste heute krankheitsbedingt absagen, und Martin sprang spontan für ihn ein“, erklärte Bender, wieso die drei Musiker nicht zusammen proben konnten. Dass dies niemand dem Konzert anmerkte, bewies umso mehr dessen Qualität. „Der Saal ist brechend voll“, „die Stimmung hervorragend“ und die Resonanz des Publikums „überwältigend“, registrierten Rolletter, Bender und Pfeifer die Begeisterung, die am Ende in massiven Zugabeforderungen gipfelte.
Wie gut die Kooperationspremiere ankam, freute ebenso die Vorsitzenden Monika Assmann vom Jazzclub und Susanne Göttel-Spaniol vom Förderverein Kulturtreff. „Bedauern“ mussten beide nur, dass das Interesse die Saalkapazitäten sprengte. Initiator Bender verriet, was der Hintergrund für die Kooperation der zwei Vereine gewesen sei: „Weil wir für Veranstaltungen Räume und ein Netzwerk brauchen, also im gleichen Boot sitzen, wollten wir zusammen ein breites Publikum ansprechen.“
Das gelang dank des breit gefächerten, von Zwischenapplaus für Passagen oder Soloeinlagen durchsetzten Programms, das die Musiker in verschiedenen Kombinationen von George Gershwin bis Sting boten. Beide Teile eröffneten Jazzstandards: den ersten Teil „On the Sunny Side of the Street“ und den zweiten das mitreißende „Sweet Georgia Brown“ – direkt danach kontrastiert vom melancholischen „Georgia on My Mind“. Neben dem Spektrum unterschiedlichster Titel wie „Night in Tunesia“, „Oh! Lady Be good“ und „Bye, Bye Blackbird“ bis hin zu Zugaben wie „What a Wonderful World“ überraschte, wie die Musiker Pop und Rock verjazzten. Das machte sogar Stücke wie John Lennons „Imagine“ oder Cindy Laupers „Time After Time“ zum erfrischend neuen Hörerlebnis.